Ich freu mich drauf, sagte die Große kürzlich zu mir und meinte damit ihre diesjährige Externistenprüfung. Sie würde sich darauf freuen, weil sie dann endlich alles zeigen kann, was sie das Jahr über gemacht hat und endlich könnte sie all ihre Ideen für diesen Tag umsetzen. All die Plakate herzeigen und die Musikstücke vorspielen und die Kekse zum Verkosten herumreichen. Akribisch hat sie eine Liste erstellt, welches Buch und welche Themen sie vorstellen möchte. Vier Umhängetaschen, sieben Plakate, extra gebackene Kekse nach eigenem Rezept und drei Flöten (eine hat sie sich für den Tag extra von ihrer Flötenlehrerin ausgeborgt) hat sie dann für den Tag ins Auto verfrachtet.
Wie jedes Jahr ein kurzes Zwischenspiel in einer Schule. Nicht alleine, sondern mit vielen Freunden und bekannten Menschen, die ebenfalls da sind, um ihre Arbeiten vom ganzen Jahr zu zeigen.
Eine solche Schule zu finden, wo das möglich ist, ist nicht leicht. Und Begegnungen mit Menschen die nichts vom freien Lernen und dem Voranschreiten im eigenen Tempo, dem Zeit haben und bekommen halten, sind auch in diesen Schulen nicht ausgeschlossen. Und zugegeben, manchmal würde ich es um ein Vielfaches leichter finden mich nicht darum kümmern zu müssen. Darum solche Schulen zu finden, wo es halbwegs passt.
Aber sowohl unsere Tochter als auch unser Sohn wollen diese Prüfungen machen … mal sehen, wie es bei den nachkommenden Kleinen ist … und wir sind gefordert uns auf die Suche zu machen. Denn auch das gehört für mich zum Begleiten dazu – selbst, wenn ich nicht ganz überzeugt bin von diesem Weg und er im Augenblick mehr ein Kompromiss ist – auf diese kleinen Menschen zu hören, die ganz genau zu wissen scheinen, was sie wollen und was nicht.
Prägung …
Nach den interessanten Gesprächen mit unserer Ältesten und ihren Aussagen bezüglich Prüfung und Lernen habe ich wieder einmal eine ganze Menge zum Nachdenken. Vor allem über diesen Unterschied, wie „Prüfungen“ erlebt werden können. Nicht nur aufgrund der sehr unterschiedlichen Methoden wie dieser Tag von Seiten der Schulen gestaltet wird, sondern auch innerhalb der Familie. Wie Eltern Prüfungen sehen und wie die kleinen Menschen diese erleben und wahrnehmen. Solange noch keine negativen, stressigen, unguten Erfahrungen gemacht wurden, eigentlich gar nicht wie Prüfung. Sondern irgendwie, wie einen spannenden Tag, der ein wenig anders abläuft, als andere Tage aber auch sehr viele Begegnungen bereit hält.
Oft genug habe ich in den letzten Wochen mit Eltern Gespräche geführt, die mit ihren Töchtern oder Söhnen negative Prüfungserfahrungen gemacht haben. Oft genug habe ich in den letzten Jahren mit Direktoren und Direktorinnen gesprochen, die ganz andere Vorstellungen davon hatten, wie eine Prüfung auszusehen hätte und die es absolut nicht verstanden haben, warum ich keinerlei Interesse daran habe Druck auszuüben oder den Lehrplan des betreffenden Jahres in die Kinder hinein zu unterrichten (zu stopfen würde es in meinen Augen wohl eher treffen). Und oft genug, habe ich an all die Situationen in meiner eigenen Schulzeit gedacht und die eigentlich doch recht tiefe Prägung, die wir dadurch erfahren haben. Dieser Knoten im Bauch vor den Prüfungen, diese mitunter bestehende Angst nicht gengügend zu können. Diese Aufregung und der Wunsch, dass es einfach nur schnell vorbei gehen würde. Dieses schlichte Hinlernen auf den Termin und das anschließende, weitgehende Verwerfen und mitunter auch Vergessen des Prüfungsstoffes.
Ganz so schlimm ist es vor diesen Prüfungstagen unserer Kinder nicht. Aber trotzdem prangt dieser Termin in meinem Kopf wie ein unangenehmer Zahnarztbesuch. Umso spannender finde ich es, dass es unsere Tochter und unseren Sohn nicht weiter zu tangieren scheint. Einzig und alleine die Frage ob da auch ein Eisgeschäft in der Nähe wäre, wo es Eis gäbe das für unsere „Spezialwünsche“ geeignet ist scheint ein wichtiges Thema für diesen Tag zu sein.
Einfach nur Glück?
Die Situation in Österreich ist keineswegs einfach, schon gar nicht dann, wenn man eben keinen Unterricht macht, sondern das Lernen der Kleinen – gleich in welche Richtung es geht – einfach nur begleitet. Und vielleicht hatten wir nur Glück. Glück mit den Schulen, Glück damit, dass sich unsere Kinder gerade für jene Dinge interessieren die halbwegs in den Lehrplan passen … aber nein, ganz so ist es nicht. Denn wenn ich mir den Lehrplan anschauen, dann finde ich genug Dinge, mit denen sie sich noch nicht beschäftigt haben. Aber weit mehr Dinge, die da gar nicht drinnen stehen und die im täglichen Leben unendlich wichtig sind für sie und mit denen sie sich Stunden beschäftigen.
Und ja, bis jetzt hat alles soweit geklappt mit diesen einmal jährlich stattfindenden Schulbesuchen, den „Prüfungen“. Auch wenn nach diesen Tagen immer wieder eine gewisse Ernüchterung bei den großen Kleinen hier eintritt. Die ganzen Sachen die ich mitgenommen habe, haben sie aber gar nicht wirklich interessiert. Die hat einfach nur schnell durch die Mappe geblättert ohne sich wirklich Zeit zu nehmen.
Ja, das ist leider so. Die fehlende Zeit und manchmal auch die fehlende Wertschätzung für das was diese kleinen Menschen bewegt und womit sie sich beschäftigen. Vor allem dann, wenn es nicht in den Lehrplan passt …
Erstmals erschienen auf https://linilindmayer.com